Sport

als antidepressive Behandlung

Neu ist die Idee, dass Bewegung und sportliche Betätigung bei psychischen Problemen helfen können, keinesfalls. Bereits bei den alten Griechen wurden Menschen mit Melancholie – wie Depressionen damals genannt wurden – angehalten, sich viel zu bewegen. Doch erst seit einigen Jahren untersucht die moderne Medizin mit wissenschaftlichen Methoden, inwieweit Sport sich dazu eignet, die Schatten von der Seele depressiver Menschen zu vertreiben. Die bislang vorliegenden Ergebnisse bestätigen, was die Kollegen in der Antike vermuteten: Körperliche Bewegung ist ein wirksames Mittel gegen Schwermut.

So baten etwa Wissenschafter von der Duke University in North Carolina 55 depressive Patienten, bis zu 14 Minuten auf einem Laufband zu laufen, so schnell sie konnten. Vor und nach dem Versuch wurde mit einem der gängigen standardisierten Fragebögen ihre Stimmungslage erfasst. Das Resultat: Im Durchschnitt reduzierte der Lauf die depressiven Symptome um 82 Prozent. Unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung fühlten sich nahezu alle Probanden nach der Laufeinheit deutlich unternehmungslustiger und energiegeladener als zuvor.

Neben diesen kurzfristigen Effekten nahmen die US-amerikanischen Forscher allerdings auch die langfristigen Auswirkungen sportlicher Betätigung unter die Lupe. Dazu teilten sie 156 Patienten nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen ein. Eine Gruppe wurde rein medikamentös behandelt, die zweite nahm Medikamente ein und absolvierte zudem regelmäßig ein spezielles Ausdauertraining, die dritte Gruppe betrieb lediglich das Sportprogramm. Fazit: Die besten Ergebnisse wurden mit der Kombination aus Sport- und Medikamenten-Therapie erzielt. Regelmäßiges Ausdauertraining hatte jedoch eine vergleichbar stimmungsaufhellende Wirkung wie die alleinige Behandlung mit Antidepressiva.

In Sachen Rückfallquote schnitt „Sport pur“ sogar am besten ab. Nur acht Prozent der aktiven Probanden berichteten in den folgenden sechs Monaten von einer Wiederkehr der Symptome. In der Medikamentengruppe waren es 38 Prozent. Zwischen sportlicher Betätigung und dem Rückfall-Risiko gab es ein „Umkehrverhältnis“: Je mehr Sport, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass die depressiven Symptome zurückkehrten, so die Forscher.

Auch andere wissenschaftliche Studien bestätigen: Bei leichten bis mittelschweren Depressionen ist Bewegungstherapie ähnlich wirksam wie die „klassischen“ Behandlungsmethoden Pharmakotherapie und Psychotherapie. Nach Ansicht einiger Forscher könnte Sport sogar eine Alternative zur Behandlung mit Antidepressiva sein. Selbst bei schweren Depressionen wirken sportliche Aktivitäten unterstützend. Trotzdem dürfen Depressionspatienten keinesfalls eigenmächtig auf ihre Medikamente verzichten. Jede Veränderung der Behandlung muss unbedingt mit dem Arzt besprochen werden.

Auf die Frage, welcher Mechanismus der stimmungsaufhellenden Wirkung zugrunde liegt, gibt es gegenwärtig noch keine endgültige Antwort. Wahrscheinlich sind es verschiedene Faktoren, die positiv auf die Stimmung wirken: Auf der einen Seite scheint sportliche Aktivität zu bestimmten Veränderungen der Hirnchemie zu führen. So kurbelt körperliche Anstrengung die Produktion von sogenannten Katecholaminen an, vor allem von Noradrenalin. Im Gehirn von Depressionspatienten ist dieser wichtige Botenstoff in geringerer Konzentration zu finden als bei psychisch Gesunden. Dieses Defizit wird für Symptome der Erkrankung mitverantwortlich gemacht.

Gleiches gilt für Serotonin: Dieser Neurotransmitter ist so etwas wie der Glücksbote des menschlichen Organismus. Ein ausreichend hoher Serotonin-Spiegel verbreitet die Botschaft „Du bist zufrieden, satt, ruhig und ausgeglichen.“ Ob eine gedrückte Stimmung den Serotonin-Spiegel sinken lässt, oder sinkende Serotonin-Spiegel auf die Stimmung schlagen, ist noch umstritten. Fest steht: Bei Depressionspatienten ist die Konzentration des Botenstoffs oft drastisch verringert, weshalb sie mit Medikamenten behandelt werden, die den Serotonin-Pegel anheben. In vielen Fällen bessern sich die Beschwerden dadurch deutlich.

Der unmittelbare Beweis, dass Sport die Serotonin-Produktion ankurbelt, steht noch aus. Dass sich nach körperlicher Betätigung im Gehirn verstärkt Abbauprodukte des biochemischen „Stimmungsmachers“ nachweisen lassen, spricht für einen solchen Zusammenhang. Wissenschaftlich belegt ist zudem, dass vor allem Ausdauersportarten die Ausschüttung von Endorphinen bewirken können. Diese körpereigenen Verwandten des Opiums bescheren euphorische Glücksgefühle und lindern Ängste. Ebenfalls nicht außer Acht zu lassen: Bewegung baut Stress und Anspannung ab.

Als fast noch entscheidender erachten viele Experten aber die psychotherapeutische Komponente. Gehört es doch zum Wesen von Depressionen, dass die Betroffenen das Gefühl haben, in einem dunklen Loch zu sitzen, aus dem sie sich mit eigenen Kräften nicht befreien können. Sie werden immer passiver, ziehen sich zurück und haben, weil sie nichts mehr unternehmen, auch keine positiven Erlebnisse. Ein Spirale, die die Kranken immer tiefer in die Depression zieht. Sport und die damit verbundenen Erfolgserlebnisse können diesen Kreislauf unterbrechen. Er gibt den Patienten das Gefühl, wieder eigeninitiativ und selbstständig etwas für ihr Wohlbefinden zu unternehmen. Außerdem lenkt Bewegung von negativen Gedanken ab. Wer joggt, radelt, schwimmt oder Tennis spielt, schaltet ab und kehrt den Depressionen eine Weile den Rücken. „Time out“ heißt dieser Effekt im Psychologen-Jargon.

Die oberste Maxime lautet hier: Hauptsache regelmäßig. Untersuchungen zeigen, dass die stimmungsaufhellende Wirkung körperlicher Bewegung sich schnell wieder verflüchtigt, wenn die Depressionspatienten längere Pausen einlegen. Zwar gibt es keine offiziellen Leitlinien, aber ein- bis zweimal pro Woche sollte man schon die Sportschuhe schnüren. Ausdauersportarten wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen sind Studien zufolge als Mittel gegen Depressionen besonders gut geeignet. Wobei gelten sollte, was für jegliche Art der sportlichen Betätigung gilt: Nicht übertreiben, vor allem am Beginn. Das Sportprogramm sollte sich immer an der körperlichen Leistungsfähigkeit orientieren. Nicht nur aus diesem Grund kann es durchaus sinnvoll sein, sich unter Anleitung eines Trainers in einem Verein sportlich zu betätigen. Gerade bei depressiven Menschen, die sich krankheitsbedingt oft sehr abschotten, kann das Gemeinschaftsgefühl in einer Gruppe sehr positive Effekte haben. Sie treffen wieder andere, neue Menschen, mit denen sie gemeinsam etwas machen. Das hilft auch, bei der Stange zu bleiben. Ein Symptom der Erkrankung ist ja fehlender Antrieb, was es erschwert, dreimal die Woche alleine joggen zu gehen. Hat man hingegen feste Trainingstermine mit dem Team, fällt es oft leichter, sich zu motivieren.

Dass Bewegung und körperliche Aktivität bei leichten bis mittelschweren Depressionen ein wirksames Therapeutikum sind, gilt mittlerweile wissenschaftlich als erwiesen. Und auch in schweren Fällen kann Sport eine wertvolle Unterstützung zu Antidepressiva und Psychotherapie sein. Trotzdem sollte niemand versuchen, der Erkrankung auf Joggingschuhen davonzulaufen. Depressionen sind eine ernstzunehmende Angelegenheit und erfordern die Behandlung durch einen qualifizierten Arzt beziehungsweise Psychotherapeuten. Dass Sport dabei eine gute Therapieoption darstellt – ob allein oder in Kombination mit Medikamenten – ist mittlerweile auch den meisten Mediziner und Psychologen bewusst.

Autor: Dr. med. Ulrich Kraft (DGPPN)

Sport

als antidepressive Behandlung

Neu ist die Idee, dass Bewegung und sportliche Betätigung bei psychischen Problemen helfen können, keinesfalls. Bereits bei den alten Griechen wurden Menschen mit Melancholie – wie Depressionen damals genannt wurden – angehalten, sich viel zu bewegen. Doch erst seit einigen Jahren untersucht die moderne Medizin mit wissenschaftlichen Methoden, inwieweit Sport sich dazu eignet, die Schatten von der Seele depressiver Menschen zu vertreiben. Die bislang vorliegenden Ergebnisse bestätigen, was die Kollegen in der Antike vermuteten: Körperliche Bewegung ist ein wirksames Mittel gegen Schwermut.

So baten etwa Wissenschafter von der Duke University in North Carolina 55 depressive Patienten, bis zu 14 Minuten auf einem Laufband zu laufen, so schnell sie konnten. Vor und nach dem Versuch wurde mit einem der gängigen standardisierten Fragebögen ihre Stimmungslage erfasst. Das Resultat: Im Durchschnitt reduzierte der Lauf die depressiven Symptome um 82 Prozent. Unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung fühlten sich nahezu alle Probanden nach der Laufeinheit deutlich unternehmungslustiger und energiegeladener als zuvor.

Neben diesen kurzfristigen Effekten nahmen die US-amerikanischen Forscher allerdings auch die langfristigen Auswirkungen sportlicher Betätigung unter die Lupe. Dazu teilten sie 156 Patienten nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen ein. Eine Gruppe wurde rein medikamentös behandelt, die zweite nahm Medikamente ein und absolvierte zudem regelmäßig ein spezielles Ausdauertraining, die dritte Gruppe betrieb lediglich das Sportprogramm. Fazit: Die besten Ergebnisse wurden mit der Kombination aus Sport- und Medikamenten-Therapie erzielt. Regelmäßiges Ausdauertraining hatte jedoch eine vergleichbar stimmungsaufhellende Wirkung wie die alleinige Behandlung mit Antidepressiva.

In Sachen Rückfallquote schnitt „Sport pur“ sogar am besten ab. Nur acht Prozent der aktiven Probanden berichteten in den folgenden sechs Monaten von einer Wiederkehr der Symptome. In der Medikamentengruppe waren es 38 Prozent. Zwischen sportlicher Betätigung und dem Rückfall-Risiko gab es ein „Umkehrverhältnis“: Je mehr Sport, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass die depressiven Symptome zurückkehrten, so die Forscher.

Auch andere wissenschaftliche Studien bestätigen: Bei leichten bis mittelschweren Depressionen ist Bewegungstherapie ähnlich wirksam wie die „klassischen“ Behandlungsmethoden Pharmakotherapie und Psychotherapie. Nach Ansicht einiger Forscher könnte Sport sogar eine Alternative zur Behandlung mit Antidepressiva sein. Selbst bei schweren Depressionen wirken sportliche Aktivitäten unterstützend. Trotzdem dürfen Depressionspatienten keinesfalls eigenmächtig auf ihre Medikamente verzichten. Jede Veränderung der Behandlung muss unbedingt mit dem Arzt besprochen werden.

Auf die Frage, welcher Mechanismus der stimmungsaufhellenden Wirkung zugrunde liegt, gibt es gegenwärtig noch keine endgültige Antwort. Wahrscheinlich sind es verschiedene Faktoren, die positiv auf die Stimmung wirken: Auf der einen Seite scheint sportliche Aktivität zu bestimmten Veränderungen der Hirnchemie zu führen. So kurbelt körperliche Anstrengung die Produktion von sogenannten Katecholaminen an, vor allem von Noradrenalin. Im Gehirn von Depressionspatienten ist dieser wichtige Botenstoff in geringerer Konzentration zu finden als bei psychisch Gesunden. Dieses Defizit wird für Symptome der Erkrankung mitverantwortlich gemacht.

Gleiches gilt für Serotonin: Dieser Neurotransmitter ist so etwas wie der Glücksbote des menschlichen Organismus. Ein ausreichend hoher Serotonin-Spiegel verbreitet die Botschaft „Du bist zufrieden, satt, ruhig und ausgeglichen.“ Ob eine gedrückte Stimmung den Serotonin-Spiegel sinken lässt, oder sinkende Serotonin-Spiegel auf die Stimmung schlagen, ist noch umstritten. Fest steht: Bei Depressionspatienten ist die Konzentration des Botenstoffs oft drastisch verringert, weshalb sie mit Medikamenten behandelt werden, die den Serotonin-Pegel anheben. In vielen Fällen bessern sich die Beschwerden dadurch deutlich.

Der unmittelbare Beweis, dass Sport die Serotonin-Produktion ankurbelt, steht noch aus. Dass sich nach körperlicher Betätigung im Gehirn verstärkt Abbauprodukte des biochemischen „Stimmungsmachers“ nachweisen lassen, spricht für einen solchen Zusammenhang. Wissenschaftlich belegt ist zudem, dass vor allem Ausdauersportarten die Ausschüttung von Endorphinen bewirken können. Diese körpereigenen Verwandten des Opiums bescheren euphorische Glücksgefühle und lindern Ängste. Ebenfalls nicht außer Acht zu lassen: Bewegung baut Stress und Anspannung ab.

Als fast noch entscheidender erachten viele Experten aber die psychotherapeutische Komponente. Gehört es doch zum Wesen von Depressionen, dass die Betroffenen das Gefühl haben, in einem dunklen Loch zu sitzen, aus dem sie sich mit eigenen Kräften nicht befreien können. Sie werden immer passiver, ziehen sich zurück und haben, weil sie nichts mehr unternehmen, auch keine positiven Erlebnisse. Ein Spirale, die die Kranken immer tiefer in die Depression zieht. Sport und die damit verbundenen Erfolgserlebnisse können diesen Kreislauf unterbrechen. Er gibt den Patienten das Gefühl, wieder eigeninitiativ und selbstständig etwas für ihr Wohlbefinden zu unternehmen. Außerdem lenkt Bewegung von negativen Gedanken ab. Wer joggt, radelt, schwimmt oder Tennis spielt, schaltet ab und kehrt den Depressionen eine Weile den Rücken. „Time out“ heißt dieser Effekt im Psychologen-Jargon.

Die oberste Maxime lautet hier: Hauptsache regelmäßig. Untersuchungen zeigen, dass die stimmungsaufhellende Wirkung körperlicher Bewegung sich schnell wieder verflüchtigt, wenn die Depressionspatienten längere Pausen einlegen. Zwar gibt es keine offiziellen Leitlinien, aber ein- bis zweimal pro Woche sollte man schon die Sportschuhe schnüren. Ausdauersportarten wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen sind Studien zufolge als Mittel gegen Depressionen besonders gut geeignet. Wobei gelten sollte, was für jegliche Art der sportlichen Betätigung gilt: Nicht übertreiben, vor allem am Beginn. Das Sportprogramm sollte sich immer an der körperlichen Leistungsfähigkeit orientieren. Nicht nur aus diesem Grund kann es durchaus sinnvoll sein, sich unter Anleitung eines Trainers in einem Verein sportlich zu betätigen. Gerade bei depressiven Menschen, die sich krankheitsbedingt oft sehr abschotten, kann das Gemeinschaftsgefühl in einer Gruppe sehr positive Effekte haben. Sie treffen wieder andere, neue Menschen, mit denen sie gemeinsam etwas machen. Das hilft auch, bei der Stange zu bleiben. Ein Symptom der Erkrankung ist ja fehlender Antrieb, was es erschwert, dreimal die Woche alleine joggen zu gehen. Hat man hingegen feste Trainingstermine mit dem Team, fällt es oft leichter, sich zu motivieren.

Dass Bewegung und körperliche Aktivität bei leichten bis mittelschweren Depressionen ein wirksames Therapeutikum sind, gilt mittlerweile wissenschaftlich als erwiesen. Und auch in schweren Fällen kann Sport eine wertvolle Unterstützung zu Antidepressiva und Psychotherapie sein. Trotzdem sollte niemand versuchen, der Erkrankung auf Joggingschuhen davonzulaufen. Depressionen sind eine ernstzunehmende Angelegenheit und erfordern die Behandlung durch einen qualifizierten Arzt beziehungsweise Psychotherapeuten. Dass Sport dabei eine gute Therapieoption darstellt – ob allein oder in Kombination mit Medikamenten – ist mittlerweile auch den meisten Mediziner und Psychologen bewusst.

Autor: Dr. med. Ulrich Kraft (DGPPN)